Äthiopien

ÄTHIOPIEN AUF EINEN BLICK

Wissenswertes über ein Land im Wachstum

Äthiopien wird oft als Wiege der Menschheit bezeichnet und ist das älteste Staatsgebilde Afrikas. Die demokratische Bundesrepublik ist mit ihren 12 Bundesländern 13 Mal so groß wie Österreich und Heimat für über 100 Millionen Einwohner und Einwohnerinnen. Damit hat es die zweitgrößte Bevölkerungsdichte der 54 Länder Afrikas. Und diese Bevölkerung ist bunt: 98 Ethnien und 93 Sprachen sind im Land  vertreten. Auch geographisch ist Äthiopien bemerkenswert. Neben Lesotho ist es das höchstgelegenste Land des Kontinents und wird daher auch das „Dach Afrikas“ genannt. Etwa die Hälfte seiner Fläche liegt höher als 1200 Meter. 

"Äthiopien hat das größte Wirtschaftswachstum in Afrika südlich der Sahara"

Die meisten Äthiopier und Äthiopierinnen leben als Subsistenzbauern oder Viehhirten von der Landwirtschaft. Regelmäßige Dürreperioden und ausbleibende Regenfälle stellen eine Gefahr für die Ernährungssicherheit dar und auch der Klimawandel beeinträchtigt die Agrarwirtschaft stark. Auf dem Human Development-Index rangiert Äthiopien auf einem der hintersten Plätze. Ein Viertel der Bevölkerung lebt in extremer Armut. Gleichzeitig weist das Land das größte Wirtschaftswachstum (2004 bis 2016) in Afrika südlich der Sahara auf1. 

GESCHICHTE

Schon in der Zeit der Spätantike bestand das nordäthiopische Reich von Aksum, das als eines der ersten christlichen Königreiche der Welt gilt.

In der Kolonialzeit wehrte sich Äthiopien erfolgreich gegen die Einflussnahme europäischer Großmächte – zunächst gegen die britische „Äthiopienexpedition“ von 1868, und später unter Kaiser Menelik II. in der Schlacht von Adwa 1896 gegen die technisch weit überlegenen italienischen Invasoren. Die Italiener besetzten das Land noch einmal von 1936 bis 1941, konnten Äthiopien jedoch nie vollständig kontrollieren. Der letzte Kaiser, Haile Selassie, erließ die erste Verfassung des Landes und regierte von 1930 an bis er 1974 gestürzt wurde, womit die fast 3000-jährige Monarchie in Äthiopien zu Ende ging. Grund für den Sturz Selassies waren schwere Wirtschaftskrisen in den 1970er Jahre und der damit verbundene Verlust des Vertrauens in die regierende Klasse, die nach wie vor einen luxuriösen Lebensstil pflegte. Die völlige Verarmung der Bauern aufgrund hoher Abgaben an Großgrundbesitzer, die Inflation infolge der Dürrekatastrophe von 1973 sowie die Ölkrise lösten Massenproteste und Streiks aus. 

Auf das Kaiserreich folgten die sozialistische Militärdiktatur des Derg-Komitees und eine Zeit der Bürgerkriege und gewaltsamen Auseinandersetzungen. In den 80er Jahren wurde Äthiopien zudem abermals von einer verheerenden Dürreperiode und einer damit einhergehenden Hungersnot heimgesucht. Die Katastrophe forderte zwischen einer halben und einer Million Menschenleben. Erst 1991 kollabierte das Derg-Regime, woraufhin ein demokratischer Föderalstaat gegründet wurde, der bis heute besteht. 1993 endeten landesinterne Konflikte in der Abspaltung Eritreas. Zwischen den beiden Ländern herrschten weiter Spannungen, die sich 1998 erneut in einem Krieg entluden. 2018 unterzeichneten Eritrea und Äthiopien einen Friedensvertrag und nahmen erstmals seit langem den diplomatischen Kontakt wieder auf. 

Länderdaten

Hauptstadt:     Addis Abeba

Region:           Sub-Sahara Afrika

Gesamtfläche: 1.104.300 km²

Bevölkerung:   109.224.559 (2018)

Ländliche Bevölkerung: 79 % der Gesamtbevölkerung (2018)

BIP pro Kopf:  772.31 US$ (2018)

Zugang zu Elektrizität: 44,30 % der Bevölkerung (2018)

Human Development Index (HDI): Rang 173 von 189 Staaten (2017)

Quellen: Energypedia, Liportal, UNDP

GESUNDHEIT, BILDUNG, WIRTSCHAFT

Im Jahr 2015 stellte die äthiopische Regierung ihren Entwicklungsplan (GTP 2, Second Growth and Transformation Plan) für die Jahre 2016-2020 vor. Dessen Ziel ist es, ein jährliches Wachstum von elf Prozent zu erreichen, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und Armut weiter zu verringern. 

Durch den Ausbau des Gesundheitssystems konnte die Kindersterblichkeitsrate seit dem Jahr 2000 halbiert werden. Frauen haben mittlerweile vermehrt Zugang zu Verhütungsmitteln und begeben sich während der Schwangerschaft öfter in medizinische Obhut. Außerdem wurden Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/Aids zurückgedrängt.

Auch der Zugang zu Bildung hat sich deutlich verbessert, was an den hohen Investitionen von bis zu 30 Prozent des nationalen Haushalts in diesem Bereich liegt. Gezielte Förderung für Mädchen und junge Frauen zeigen Wirkung: Im Jahr 2000 besuchten sieben von zehn Mädchen keine Schule. Bis 2016 sank diese Zahl auf zwei von zehn Mädchen. In direktem Zusammenhang mit dem höheren Bildungsniveau der Frauen ist auch die rückläufige Geburtenrate zu sehen. Deren starker Rückgang leitete einen demographischen Wandel ein: Seit den 2000er Jahren wächst die Erwerbsbevölkerung schneller als die Gesamtbevölkerung, weshalb der Pro-Kopf-Wohlstand ansteigt. Voraussichtlich wird Äthiopien im Jahr 2030 den sogenannten demographischen Bonus erreichen, der bereits vielen Ländern den Weg zu mehr Wachstum und Wohlstand ermöglicht hat. Dennoch ist das Land jung: Rund 40% der Äthiopierinnen und Äthiopier sind unter 15 Jahre alt.

Die äthiopische Regierung hat früh das Potential des Landwirtschaftssektors als größten Arbeitgeber erkannt. Landesweit wurden die Anbaumethoden verbessert und so die Erträge von Kleinbauern und -bäuerinnen kontinuierlich gesteigert. So haben sich die Getreideerträge in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt. Die Erlöse aus dem Export von Kaffee haben sich versechsfacht und Äthiopien ist weltweit zu einem der wichtigsten Exporteure von Schnittblumen geworden.

ENERGIE

Um diese positive Entwicklung weiter zu fördern, ist eine verlässliche Stromversorgung entscheidend. In der Energiefrage hat Äthiopien derzeit jedoch noch einen längeren Weg vor sich: Im Jahr 2017 waren in Äthiopien nur 42,9 Prozent2 der Haushalte an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. In  ländlichen Gebieten leben noch immer rund 90 Prozent der Menschen völlig ohne Strom. Die Regierung erweitert das nationale Stromnetz stetig.

Auch immer mehr alleinoperierende Energiesysteme und Mini-Stromnetze, sogenannte „Mini-Grids“, tragen dazu bei, dass mehr und mehr Menschen in Äthiopien Zugang zu Strom haben. Derzeit ist die Mehrheit der Bevölkerung jedoch weiterhin auf Brennholz angewiesen, um ihren Energiebedarf zu decken – schlecht für die Wälder, denn Abholzung und ihre Folgen wie Bodenerosion stellen ein großes Problem dar.

"Die Mehrheit der Bevölkerung ist auf Brennholz angewiesen, um ihren Energiebedarf zu decken"

Ehrgeizige Pläne für die Zukunft

Äthiopien hat ehrgeizige Pläne für eine nachhaltige Klimaentwicklung bis zum Jahr 2025. Als erstes Entwicklungsland reichte es seine geplanten Treibhausgasminderungsbeiträge (Intended Nationally Determined Contributions, INDCs) bei der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen ein. Erneuerbare Energie wird als eine von vier Säulen genannt, um Treibhausgasemissionen zu verringern. In der Klimastrategie3, die mit dem Entwicklungsplan4 akkordiert ist, wird vor allem Solarenergie aus Photovoltaik-Anlagen eine Schlüsselrolle bei der Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit Strom zugedacht. Auch das Nationale Elektrifizierungsprogramm (NEP, National Electrification Program) von 2017 weist in die gleiche Richtung: Für 5,7 Millionen Haushalte ist eine netzunabhängige Stromversorgung geplant, die vor allem durch Solarenergie abgedeckt werden soll.5

Ständig steigender Energieverbrauch

Der Großteil des Energieverbrauchs in Äthiopien wird noch immer durch Brennholz gedeckt. Noch erzeugt das Land zu wenig Energie, um den wachsenden Bedarf der Bevölkerung zu decken. Dafür ist äthiopischer Strom nachhaltig: 96% werden aus Wasserkraft und 4% aus Windenergie gewonnen, wobei 11% exportiert werden6. Solarenergie spielt in Äthiopien derzeit nur eine kleine Rolle. Ihr Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. 

Die Sonne als Wachstumspotenzial

Äthiopien hat mit einer Sonneneinstrahlung von 5.000 bis 7.000 Wattstunden pro Quadratmeter am Tag  ein riesiges Potential für Solarenergie. Ein Großteil der Möglichkeiten in der solaren Energiegewinnung ist derzeit aber noch ungenutzt.

 1 Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung: Vom Hungerland zum Hoffnungsträger Wird Äthiopien zum Vorbild für den afrikanischen Aufschwung? September 2018

2  https://energypedia.info/wiki/Ethiopia_Energy_Situation

3 Climate Resilient Green Economy (CRGE) Strategy, vgl. auch https://energypedia.info/wiki/Ethiopia_Energy_Situation#Introduction (13.9.2018)

4  Growth and Transformation Plan - GTP 2, 2016-2020

5 https://energypedia.info/wiki/Ethiopia_Energy_Situation

https://www.se4all-africa.org/seforall-in-africa/country-data/ethiopia/

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